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NEIN zu einem Gewerbegebiet in Hirschlatt

| F-Erklärungen 

Über den Entwurf der Regionalplan-Fortschreibung, der ein Gewerbegebiet auf der Gemarkung Hirschlatt vorsieht, ist viel diskutiert worden. Die Grünen lehnen es nach wie vor ab. Hier lest Ihr die Fraktionserklärung, die Ulrich Heliosch dazu in der Gemeinderatssitzung am 17. Februar 2020 dazu gehalten hat.

 

-Es gilt das gesprochene Wort-

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte Ihnen heute die Gründe für unsere ablehnende Haltung bezüglich Neuausweisung einer Vorrangfläche für Industrie und Gewerbe näherbringen.

Das Umweltbundesamt (BMU) schreibt 2019: „2002 hat die Bundesregierung im Rahmen der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel vorgegeben, den täglichen Zuwachs der Siedlungs- und Verkehrsfläche bis zum Jahr 2020 auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren. Im Rahmen der Neuauflage 2016 wurde zudem das Ziel formuliert, den Zuwachs bis zum Jahr 2030 auf „weniger als 30 Hektar“ zu begrenzen. Damit trägt sie der Tatsache Rechnung, dass Fläche eine bedeutsame begrenzte Ressource darstellt, um deren Nutzung Land- und Forstwirtschaft, Siedlung und Verkehr, Naturschutz, Rohstoffabbau und Energieerzeugung konkurrieren. 

Das integrierte Umweltprogramm des BMU nennt für das Jahr 2030 das Ziel von 20 Hektar pro Tag, denn spätestens zum Jahr 2050 soll – nach der Ressourcenstrategie der Europäischen Union und dem Klimaschutzplan der Bundesregierung – der Übergang zur Flächenkreislaufwirtschaft (Netto-Null-Ziel) geschafft werden.“

Das Statistisches Landesamt Baden-Württemberg gibt in einer Pressemitteilung vom August 2019, für 2018 einen täglicher »Flächenverbrauch« für Siedlungs- und Verkehrsflächen von 4,5 ha an. 2018 war dabei leider nach einem längeren positiven Trend das erste Jahr mit einem Wiederanstieg des Flächenverbrauchs.

Dabei wäre, um die gesteckten Ziele der Bundesrepublik (30 ha 2020) zu erreichen in Baden-Württemberg, entsprechend seinem Flächenanteil am Bundesgebiet, im Jahr 2020 eine Reduzierung des maximalen Flächenverbrauchs auf maximal 3 Hektar pro Tag notwendig! (FN: 0,00587 ha = ca. 2 ha/Jahr)

Uns ist natürlich klar, dass wir hier im Häfler Gemeinderat nicht an den Hebeln sitzen, um die Ziele des Bundes und des Landes zu verwirklichen. Aber wir können das in unserem Rahmen Mögliche tun, um darauf hinzuarbeiten, dass das Netto-Null-Ziel erreicht wird. 

Dabei glauben wir nicht, dass wir durch die Ablehnung des im Regionalplan vorgesehenen Gewerbegebietes unseren ortsansässigen Firmen und Gewerbetreibenden ihre Möglichkeit sich zu erweitern, gänzlich verwehren. Vielmehr sehen wir durchaus – anders als in der Vorlage auf Seite 7 beschrieben – das Potential in der Nachverdichtung (auch in der Höhe) und in der Optimierung des ruhenden Verkehrs. Auch eine Arrondierung der bestehenden Gewerbeflächen können wir uns mancherorts vorstellen. (Zudem möchte ich an dieser Stelle auch noch den Verweis auf andere mögliche stadtnahe Entwicklungsflächen machen, welche ich hier jedoch nicht nochmal einzeln explizit benennen will.)

Durch den Verzicht der Ausweisung des Vorranggebietes wollen wir ein deutliches Signal an die hiesigen Unternehmen geben, dass es zukünftig anderer Anstrengungen und Lösungen bedarf, um sich in Friedrichshafen zu erweitern oder gegebenenfalls auch neu anzusiedeln. 

 Die von der Verwaltung aufgeführte Steuerungsmöglichkeit des Flächenverbrauchs im Rahmen der Flächennutzungs- und/oder Bebauungsplanung sehen wir als nicht effektiv an. Schon durch die Ausweisung eines Vorranggebietes würde man ein Flächenpotenzial darstellen, welches man in Zukunft bei Anfragen (zumindest von regionalen oder ortsansässigen Unternehmen) nur schwerlich zurückziehen könnte. 

Natürlich hätten wir uns dieses deutliche Signal auch vom Regionalverband gewünscht. Aus der hier vorgelegten Planung ist aus unserer Sicht (besonders auch überregional) das Ziel der Flächenkreislaufwirtschaft nicht ablesbar. Da wir jedoch aus diesem Gremium heraus keinen weiteren Einfluss auf die überregionale Planung nehmen können, sind uns hier die Hände gebunden. 

Durch die Ausweisung weiterer großflächigen Gewerbegebiete werden wir keinen Beitrag zum flächenschonenden Umgang und zur angestrebten Netto-Null leisten können. 

Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten vor allem die Wirtschaft mit all ihren positiven, aber eben auch negativen Auswirkungen, gefördert, indem wir – wo auch immer nötig – Flächen gefunden und bebaubar gemacht haben. Nun ist es auch mal an der Zeit, die Gewichtung anders zu verteilen und unserer Umwelt, unseren Freiräumen und landwirtschaftlichen Produktionsflächen und der Natur mehr Wert zusprechen.

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Hirschlatt-Abbildung.jpg
Auszug aus dem Entwurf des Regionalplans. (Quelle: www.rvbo.de)