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Klimaziel ist kaum noch zu schaffen

| Presse 

Wie schlimm steht es um unser Klima und welche Folgen wird der Klimawandel für Deutschland haben? Diese Fragen beantwortete der Wissenschaftsjournalist Nick Reimer auf Einladung der Grünen-Fraktion in einer gut besuchten Veranstaltung im Graf-Zeppelin-Haus Friedrichshafen.

Ein Temperaturanstieg um 3,3 Grad, 25 tropische Nächte mehr, 33 Frosttage weniger im Vergleich zu 2000: Das prognostizieren überprüfte Klimamodelle für Friedrichshafen bis 2050. Die Folgen des Klimawandels gehen also auch an unserer Region nicht spurlos vorüber, wie Nick Reimer darlegte.

„Wie krank unser Land ist, sieht man an den Wäldern“, sagte Reimer, einer der beiden Autoren von „Deutschland 2050“. Mitte des Jahrhunderts werde es keine Fichten mehr in Deutschland geben. Auch Buchen hätte wegen des fehlenden und stark schwankenden Niederschlags keine Chance.

Die Robinie, die auch in Friedrichshafen oft gepflanzt wird, sei keine Alternative, weil sie keine biologische Vielfalt in ihrer Umgebung zulässt. Zudem: „Bäume, die wir heute anpflanzen, kommen in 15 Jahren mit dem dann geltenden Klima nicht mehr klar“, benennt Reimer das Dilemma.

Auch den Menschen machen die Veränderungen Probleme. Schon heute gäbe es in Deutschland mehr Hitzetote als Verkehrstote. Tendenz steigend. Neue Krankheitsbilder, übertragen zum Beispiel von der nach Norden gewanderten Tigermücke, würden alltäglich. Mitte des Jahrhunderts hätte München ein Klima wie heute in Mailand, Hamburg wie in Pamplona. Auf diese Entwicklung seien unsere Städte nicht vorbereitet.

„Wenn uns allen klar wäre, wie es um unser Land steht, würde mehr passieren“, ist sich Reimer sicher. Abschmelzenden Eisschilde in der Arktis und der damit verbundene Anstieg des Meeresspiegels sowie die Treibhausgase, die ein auftauender Permafrostboden ausstoße, werde die Menschheit schon in wenigen Jahrzehnten vor kaum lösbare Aufgaben stellen. Ihm unverständlich ist es, dass Deutschland eines von zehn Länder weltweit ohne Tempolimit ist.

Noch sei es Zeit, die Weichen in die richtige Richtung zu stellen, um zumindest noch das 2-Grad-Ziel erreichen zu können. Allerdings vermisst Nick Reimer einen parteiübergreifenden Konsens, zeitnah wirkungsvolle Maßnahmen für Klimaschutz einzuleiten.

Angesprochen auf die Kosten in der derzeitigen Finanzlage, zitierte Reimer den ehemaligen Chefökonom der Weltbank Nicolas Stern: „Mitte des Jahrhunderts müssen wir für Klimaschäden so viel Geld investieren, wie der Aufbau nach den ersten und dem zweiten Weltkrieg zusammen gekostet haben – und zwar jährlich.“

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Auf dem Sofa sitzen (von links): Stadträtin Christine Heimpel, Wissenschaftsautor Nick Reimer, Landtagsabgeordneter Martin Hahn, Emre Yilmaz vom Jugendparlament und Moderator Frank Labitzke.