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Paris erfordert Umdenken in Friedrichshafen

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Die Einhaltung der Klimaziele ist nach der Klimakonferenz in Kattowitz in allen Medien. Die Gemeinderatsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat zum Thema „Klimaschutz im Verkehr“ eine Veranstaltung gemacht. Rund 50 Zuhörerinnen und Zuhörer sind dazu ins Graf-Zeppelin-Haus gekommen.

Wenn wir es mit dem Klimaschutz ernst meinen, muss auch im Verkehrsbereich gehandelt werden, während in der Industrie, Haushalte und Energiewirtschaft der CO2-Ausstoß seit 1990 gesenkt werden konnte, fährt der Verkehr hinterher. Dabei hat die Bundesregierung im Klimaabkommen von Paris 2015 zugesagt, das Treibhausgas CO2 bis 2030 um 40 Prozent und bis 2050 um 95 Prozent zu reduzieren. Um das zu erreichen, muss sich auch die Stadt Friedrichshafen bewegen.

In der Studie „Mobiles Baden-Württemberg“, an der namhafte Wissenschaftsinstitute sowie Vertreter der Wirtschaft mitgearbeitet haben, sind entsprechende Szenarien untersucht worden. Projektleiter Klaus Amler präsentierte die Ergebnisse der Studie und stellte sich der Diskussion mit rund 50 Zuhörerinnen und Zuhörern. Die Prämisse für alle drei Szenarien. Paris gilt!

Das erste Szenario „Neue Individualmobilität“ orientiert sich am Status Quo, Szenario 2 „Neue Dienstleistungen“ berücksichtigt kreative Geschäftsmodelle, wie Carsharing. Szenario 3 „Neue Mobilitätskultur“ geht von kürzeren Wegen durch verstärkte Nahversorgung aus und ein Großteil des Individualverkehrs wird durch flexible öffentliche Systeme ersetzt. Nur durch das weitest gehende Szenario 3 wird das angestrebte Klimaziel erreicht.

„2050 fahren alle gleich viel Auto, aber es gibt ein Drittel weniger gefahrene Kilometer“, zitierte Amler die Studie. Dabei werde die E-Mobilität ein großer Teil der Lösung sein. Und: „Die Energie der Zukunft wird regenerativer Strom sein“, ist sich Amler sicher.

Norbert Schültke, Geschäftsführer der Stadtverkehr Friedrichshafen GmbH, wies auf die unzureichende staatliche Finanzierung des ÖPNV hin. Außerdem hätten die Verkehrsunternehmen Probleme, genügend Busfahrer zu bekommen. „Unter diesen Voraussetzungen ist es schwer, das Busnetz auszuweiten“, so Schültke. Eine Umverteilung der Gelder weg von der Straße hin zur Schiene und zum Busverkehr sah auch Klaus Amler als Bedingung an.

Fehlende Busfahrer könnten zukünftig durch autonomes Fahren kompensiert werden. Flächendeckend schwer vorstellbar? „Hätten Sie vor zehn Jahren gedacht, dass die Hälfte aller 70-Jährigen heute ein Smartphone bedienen können?“, fragt Amler in die Runde. Er erinnerte an Produkte wie Filme zum Fotografieren oder Tonbandgeräte, die plötzlich nicht mehr gebraucht wurden, weil ihre Technologie überholt war. Autonome Bussysteme würden in immer mehr Städten eingeführt.

Bei der Frage nach Ladestationen hatte Norbert Schültke eine interessante Nachricht für manchen Zuhörer: „Friedrichshafen hat die höchste Dichte pro Einwohner in Baden-Württemberg“, so der Stadtverkehr-Geschäftsführer.

Bei der Bewertung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit mit einem „Ampelsystem“ werden bei dem „Weiter-so-Szenario“ werden 15 von 16 Indikatoren mit „Rot“ (8) oder „Gelb“ (7) bewertet. Das Szenario 3 mit 13 Mal „Grün“ schneidet am positivsten ab. Lediglich der Umsatz und die Beschäftigung in der Mobilitätswirtschaft wurden mit „Rot“ bewertet. Hier müsse man über Förderprogramme ähnlich wie bei der Umstrukturierung des Ruhrgebietes nach dem Ende der Steinkohleförderung (Kohlepfennig) nachdenken.

Nur mit Überzeugungskraft und Marketingkonzepten ließen sich die Menschen allerdings nicht von innovativen ÖPNV-Konzepten überzeugen. „Wer weniger Verkehr in der Stadt will, muss an die Flächen ran“, so Amler. Die Stadt müsse gemeinwohlorientiert handeln und dürfe nicht alles dem Auto unterordnen. „Die Klimaschutzziele sind zu schaffen, aber ohne den politischen Willen geht es nicht“, lautete das Fazit des Referenten.

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Stadtrat Gerhard Leiprecht begrüßt die rund 50 Zuhörerinnen und Zuhörer.
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Referent Klaus Amler von der Baden-Württemberg Stiftung.
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Auf einen Blick: Die wichtigsten Ergebnisse der Studie "Mobiles Baden-Württemberg".